Vor 20 Jahren wurde das Donauschwäbische Zentralmuseum (DZM) in Ulm eröffnet. Es zeigt die Geschichte der Deutschen zwischen Budapest und Belgrad und hat sich zu einer Kultureinrichtung mit europäischer Ausrichtung entwickelt. In Zukunft will sich das DZM modernisieren und ein jüngeres Publikum ansprechen.
Mit der Museumseröffnung am 8. Juli 2000 in der Ulmer Donaubastion ging für die Landsmannschaften aus dem südöstlichen Europa ein seit Langem bestehender Wunsch in Erfüllung. Auf 1.500 Quadratmetern zeigt eine historische Ausstellung die Geschichte der Donauschwaben. Sie wanderten im 18. Jahrhundert ins damalige Ungarn aus und wurden dort von den Habsburgern und von privaten Grundherren angesiedelt. Das Königreich Ungarn war ihre neue Heimat. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden mehrere hunderttausend Menschen aus ihren Siedlungsgebieten entlang der Donau vertrieben, ab den 1980er-Jahren kamen Spätaussiedler vor allem aus Rumänien nach Deutschland. Der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Donauschwaben, Hans Supritz, blickt auf zwei Jahrzehnte Museumsbetrieb zurück und ist überzeugt, dass sich das Museum zu einem Ort der Identifikation für alle Donauschwaben entwickelt hat. „Es ist ein Anziehungspunkt für Besucher mit donauschwäbischen Wurzeln aus der ganzen Welt. Hier wird die Geschichte ganzheitlich der Nachwelt gezeigt und dokumentiert.“
Das Museum ist als Stiftung privaten Rechts organisiert und wird auf der Grundlage des Bundesvertriebenengesetzes vom Bund, vom Land Baden-Württemberg, von der Stadt Ulm und den vier donauschwäbischen Landsmannschaften getragen und finanziert. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl verweist auf die Verbundenheit des Landes mit der Volksgruppe der Donauschwaben, über die das Land bereits 1954 die Patenschaft übernommen hat. „Das Museum ist ein klares Bekenntnis: Baden-Württemberg pflegt das kulturelle Erbe der Donauschwaben. Das Museum hat eine Ausstrahlung bis in die Herkunftsgebiete der Donauschwaben hinein und unterstützt die vielfältigen Beziehungen des Landes zu Rumänien, Ungarn, Serbien und Kroatien.“
Über 45.000 Objekte befinden sich mittlerweile in den Sammlungen, von denen nur ein kleiner Teil in der ständigen Ausstellung zu sehen ist. Die meisten Gegenstände kommen als Geschenke der Donauschwaben ins Museum. Sie zeugen sowohl vom Alltagsleben in den multiethnischen Siedlungsgebieten entlang der Donau als auch von Flucht, Vertreibung und Deportation. In jüngster Zeit werden verstärkt Objekte gesammelt, die von den Lebensbedingungen der in den Ländern verbliebenen deutschen Minderheit während der kommunistischen Zeit nach 1945 berichten. Die einzigartige Sammlung zeichnet sich dadurch aus, dass viele Gegenstände persönliche Lebensgeschichten erzählen, die im Museum ebenfalls dokumentiert werden.
Seit der Eröffnung bringt sich das DZM aktiv in die deutsche und die südosteuropäische Museumslandschaft ein. Zum Auftrag der Stiftung gehört es laut Satzung auch, „das Wissen über die südöstlichen Nachbarn zu verbreiten und zu vertiefen, um auf diese Weise einen Beitrag zur Verständigung in Europa zu leisten“. Das Museum unterhält Kontakte zu Kultur- und Bildungseinrichtungen in den Donauländern, mit denen Kooperationsprojekte durchgeführt werden. Dazu gehören nicht nur Museumsausstellungen und Konferenzen, sondern auch Jugendbegegnungen. Die am Museum beschäftigte Kulturreferentin organisiert zum Beispiel internationale Jugendcamps mit Teilnehmenden aus allen Donauländern. Kulturstaatsministerin Monika Grütters, in deren Ressort das DZM beim Bund angesiedelt ist, würdigt diese Aktivitäten: „Das Donauschwäbische Zentralmuseum ist in den vergangenen 20 Jahren durch grenzüberschreitende Kooperationen, Wanderausstellungen und Begegnungsprojekte zu einem lebendigen Ort kultureller Verständigung geworden. Die vielfältige Kultur der Donauschwaben und ihre Lebenswelt werden so auf einzigartige Weise erlebbar.“
Eine große Herausforderung für die Zukunft ist die Aufgabe, Geschichte und Kultur der Donauschwaben für künftige Generationen erfahrbar und erlebbar zu machen. Mit dem Abtreten der so genannten Erlebnisgeneration gilt es, jüngere Zielgruppen für dieses nicht unwichtige Kapitel der europäischen Geschichte zu gewinnen. Denn die Donauschwaben waren schon immer ein leuchtendes Beispiel für ihre Fähigkeit, mit anderen ethnischen Gruppen, mit Menschen anderer Konfessionen und anderer Sprachen auf engstem Raum gut und friedlich zusammen zu leben. Der Ulmer Oberbürgermeister Gunter Czisch hebt die Bedeutung des Museums für eine zunehmend international geprägte Stadtgesellschaft heraus. „Das Museum hat sich zu einem Ort der Begegnung für Ulmerinnen und Ulmer mit internationalen Wurzeln entwickelt, es ist zu einem Teil der internationalen Stadt Ulm geworden.“
In diesem Sinne wird sich das Museum künftig neu aufstellen. Das Museumsteam plant derzeit die Aktualisierung und Modernisierung der 20 Jahre alten Ausstellung. Stadt, Land und Bund haben für dieses Vorhaben insgesamt 1,65 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Damit entsteht neben der erneuerten Darstellung zur Geschichte der Donauschwaben künftig ein zweiter Ausstellungsrundgang mit dem Titel „Donau. Flussgeschichten“. Auf 550 Quadratmetern wird die Donau künftig im Mittelpunkt stehen, ja sie wird sogar optisch in der Ausstellung gegenwärtig sein: Der Fluss schlängelt sich in Gestalt eines blauen Bandes durch die Gewölberäume der denkmalgeschützten Kaserne aus dem 19. Jahrhundert. Nach einer baubedingten Schließungszeit ab Ende des Jahres ist die Neueröffnung im November 2021 vorgesehen. Dann wird sich das Museum nicht nur im neuen Outfit zeigen, sondern auch viele attraktive Mitmachstationen und einen Medienguide anbieten. Der Stiftungsrat schreibt in seiner Grußbotschaft zum Jubiläum: „Das Donauschwäbische Zentralmuseum richtet sich nicht nur an die Donauschwaben und deren Nachfahren, deren Geschichte und Traditionen bewahrt und weitergetragen werden, sondern an die breite Öffentlichkeit. Mit der Aktualisierung der Dauerausstellung sollen künftig gezielt auch jüngeren Generationen und Familien angesprochen werden.“
Jubiläumsaktion:
Eintritt frei am Wochenende 11./12 Juli.
Jeder Besucher erhält einen Ausstellungskatalog als Geschenk.